August 2016 Archiv

Väter ohne Rechte kontaktiert Bundeskanzler Kern und die Bundesregierung

 

Sehr geehrter Herr Bundeskanzler Mag. Christian Kern!

 

Sehr geehrte Mitglieder der Bundesregierung!

 

Der Verein »Väter ohne Rechte« setzt sich seit beinahe zehn Jahren in Österreich für das Recht von Kindern auf beide Eltern auch nach einer Trennung der Eltern ein. Für so genannte »kontaktberechtigte Elternteile« – das sind in über 90 Prozent  aller Fälle Väter – ist es aufgrund der derzeitigen Rechtslage und der gängigen Judikatur nahezu unmöglich, dieses Recht ihrer Kinder zu schützen, wenn der »hauptsächlich betreuende Elternteil« – also in über 90 Prozent die Mutter – das nicht möchte oder schlicht nicht kooperativ ist.

 

Das hat unter anderem zur Folge, dass 40 Prozent der Kinder innerhalb von drei Jahren nach der Trennung jeden Kontakt zu ihrem Vater verlieren.

 

Der Verein »Väter ohne Rechte« bietet den Betroffen rechtliche Beratung, Hilfestellung und oft auch psychologische Unterstützung in ihren Lebenskrisen. »Väter ohne Rechte« arbeitet ausschließlich ehrenamtlich und erhält bis dato keinerlei Förderungen von staatlicher Seite. »Väter ohne Rechte« hat einen 40 prozentigen Frauenanteil und ist mit ca. 3.000 Mitgliedern und etwa 6.000 Facebook-Mitgliedern die größte Plattform innerhalb der Väterbewegung in Europa und auch Mitglied der Plattform europäischer Väter.

 

 

In Ihrer Antrittsrede als Bundeskanzler der Republik Österreich, Herr Mag. Kern, sagten Sie, dass Sie – ich zitiere aus Ihrer Rede: »… nicht in einem Land leben möchten, in dem Kinderrechte nicht eingehalten werden«. Nun, leider tun Sie das! Österreich ist ein Land, in dem das, durch die UN-Kinderrechtskonvention vor über 26 Jahren fest geschriebene Recht von Kindern »auf Familie, auf Kontakt und auf Betreuung durch BEIDE Elternteile« nicht eingehalten und geschützt wird, sondern noch schlimmer, durch Untätigkeit der Justiz sogar oft noch weiter behindert wird.

 

Durch das in Österreich geltende Residenzmodell, sieht das Leben von Trennungskindern in der Praxis so aus, dass sie ausschließlich im Haushalt der Mutter leben und ihren Vater bestenfalls zwei Mal im Monat als Besucher und als »Wochenendbespaßer« erleben dürfen. Väter, die ihren Kindern auch nach der Trennung als vollwertiger Elternteil erhalten bleiben wollen, sie betreuen möchten und sie auf ihrem Weg ins Leben begleiten möchten, haben dazu in Österreich keinen gesetzlich geschützten Anspruch. Ihre Rolle wird auf die des Unterhaltzahlers reduziert.

 

Und während Väter, die mit ihren Unterhaltszahlungen (oftmals auch unverschuldet) in Rückstand geraten gnadenlos exekutiert werden, hat eine Mutter für das Boykottieren von gerichtlich geregelten und vorgeschriebenen Kontakten keinerlei Konsequenzen zu befürchten.

 

Während man in den meisten Ländern Europas diese Missstände erkannt hat und an Lösungen für gleichberechtigte Elternschaft arbeitet (in seiner Resolution 2079 forderte der Europäische Rat alle Mitgliedsländer auf, die Doppelresidenz im Sinne des Kindeswohls gesetzlich zu verankern), herrscht in Österreich diesbezüglich erschreckende Ignoranz. Im »Global Chidren Access to Justice-Ranking« des »Children Rights International Network« (CRIN) liegt Österreich an beschämender 71ster Stelle!!! – und liegt somit sogar hinter Ländern wie Bangladesh oder Namibia.

 

 

 

In Ihrer Rede auf der Regenbogenparade, die »Väter ohne Rechte« ausdrücklich begrüßt, da es ein starkes Zeichen für Gleichberechtigung in unserer Gesellschaft ist, sagten Sie, Herr Mag. Kern: »dass alle Menschen gleich an Rechten sind« und »dass der Respekt vor der Menschenwürde unteilbar bleiben muss«.

 

Denken Sie, dass das auf Kinder zutrifft, die ohne Vater aufwachsen müssen, weil die österreichische Rechtsordnung sie nicht vor der Willkür eines obsorgeberechtigten Elternteils schützen kann oder will oder auf jene über 90 Prozent aller Trennungsväter, denen per Gesetz ihr Recht auf Familienleben und de facto auch oft jeder Kontakt zu ihren Kindern verweigert wird?

 

 

 

In einem Interview mit der Zeitschrift »profil« sagten Sie, die SPÖ »hätte die Arbeiter und die Jungen verloren, und wenn Sie die Frauen nicht mehr hätten, sähe es überhaupt zappenduster aus«. Und weiter sagten Sie, Sie wollen verlorene Wähler zurückgewinnen.

 

Kein einziger, der 300.000 österreichischen Trennungsväter, der die Missstände des österreichischen Familienrechts am eigenen Leib erfahren musste und niemand der erleben musste, wie ein Sohn, ein Freund, oder sonst ein geliebter Mensch zwischen den Mühlen aus Justiz und einer Unzahl von flankierenden Behörden zerrieben und an den Rand seiner psychischen und finanziellen Existenz getrieben wurde, wird unabhängig von seiner Weltanschauung, in der SPÖ, wie sie sich heute präsentiert, eine politische Heimat finden können.

 

Dass auf lange Sicht auch jene Frauen, die die vermeintlichen Siegerinnen im »Kampf ums Kind« sind, Betrogene des Systems »Residenzmodell« sind, ist ja mittlerweile auch hinlänglich bekannt. Nach den Kinderbetreuungsjahren, in denen oft nur prekäre Teilzeitjobs möglich sind, ist der Wiedereinstieg in den Beruf für viele Frauen schwer bis unmöglich. Die Folge ist ein Leben in der Sackgasse Richtung Altersarmut.

 

Die Liste der psychischen und physischen Schäden, unter denen die betroffenen Kinder zu leiden haben ist endlos. Die Folgen sind gravierend und teilweise irreversibel. Ebenso die Liste der Schäden von betroffenen Elternteilen, Lebenspartner/innen und Verwandten, wie zum Beispiel die Großeltern. Neben all diesen persönlichen und gesundheitlichen Schäden soll auch der damit entstehende volkswirtschaftliche Schaden nicht vergessen werden.

 

 

 

Die offensichtliche und beste Lösung für alle – eine gerechtere Aufteilung von Erwerbs- und Betreuungsarbeit auch nach einer Trennung – wird aber leider gerade von Ihrer Fraktion seit Jahren verhindert.

 

 

 

Das Doppelresidenzmodell sieht keineswegs – wie oft fälschlicherweise behauptet wird – eine zwangsweise 50/50-Lösung für alle ungeachtet der individuellen Situation vor. Es sieht vielmehr vor, dass – ausgehend von der Annahme, dass eine gleichteilige Betreuung die beste Lösung für die Kinder ist – beide Eltern als GLEICHBERECHTIGTE Partner auf Augenhöhe ein Betreuungsmodell erarbeiten, das für alle Beteiligten eine lebbare Lösung darstellt. Das kann 50/50, 40/60, 30/70, oder ein herkömmliches Residenzmodell sein, wenn beide Eltern und auch die Kinder das wünschen. Es darf aber nicht mehr sein, dass ein Elternteil den anderen gegen dessen Willen vollkommen von der Betreuung – oder wie derzeit noch immer der Fall – sogar von jeglichem Kontakt ausschließen kann.

 

In allen Ländern, in denen gleichberechtigte Elternschaft praktiziert wird, gehen die gerichtsanhängigen, hochstrittigen Obsorge- und Kontaktrechtsfälle zurück. Über 50 internationale Studien belegen, dass gleichberechtigte und gleichteilige Elternschaft nicht nur die beste Lösung für die Kinder, sondern auch für beide Eltern ist. Eine der besten und aussagekräftigsten Studien diesbezüglich stammt aus Österreich, und wird dennoch gerade in diesem Land völlig unverständlicherweise ignoriert! (»Doppelresidenz – Eine sinnvolle Alternative«, von Univ.-Ass. Mag. Dr. Harald Werneck, Institut für Psychologie der Universität Wien)

 

 

 

Sehr geehrter Herr Mag. Kern, wir vom Verein »Väter ohne Rechte« bitten Sie: Lassen Sie Ihren Worten Taten folgen! Helfen Sie uns, den Trennungskindern eine Stimme zu geben! Lassen Sie nicht zu, dass noch weitere tausende Kinder mit ihrer Gesundheit und ihrer Lebensqualität die Rechnung für ideologische Verbohrtheit und wahltaktische Überlegungen bezahlen müssen! Lassen Sie nicht zu, dass die Gräben zwischen Frauen und Männern noch breiter und tiefer werden und noch mehr enttäuschte und verbitterte Väter unserer Gesellschaft den Rücken kehren! Im Namen der betroffenen Kinder, Mütter, Väter, Omas, Opas, Geschwister ... ersuchen wir Sie: überdenken Sie eine Reform des Familienrechts, um es getrennten Familien zu ermöglichen, bessere Eltern-Kind-Beziehungen zu führen und qualitativere Lebensmodelle entwickeln zu können. Gerne stehen wir mit aus der Praxis gewonnener Perspektive und Einblicken für einen offenen Dialog zur Verfügung.

 

 

 

In diesem Sinn bitten wir Sie um einen Gesprächstermin, um Ihnen persönlich einerseits unsere ehrenamtliche Tätigkeit vorstellen zu dürfen und andererseits wesentliche – oft nicht bekannte – Aspekte und Vorteile der Doppelresidenz zu präsentieren.

 

 

Mit freundlichen Grüßen,

 

Martin Morauf

 

für den Verein »Väter ohne Rechte«

August 2016
an Bundeskanzler Kern und die gesamte österreichische Bundesregierung per Mail

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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