1. März 2015 (http://www.tt.com/panorama/gesellschaft/9695369-91/trennungskinder-d%C3%BCrfen-nicht-in-zwei-haushalten-leben.csp)
20.000 Ein-Eltern-Familien gibt es in Tirol. Das Gesetz verbietet, dass ihre Kinder in zwei Haushalten aufwachsen. Die Väterplattform will nun die Doppelresidenz vorantreiben.
Von Brigitte Warenski
Innsbruck, Wien – Es trifft viele Ex-Partner und ihre Kinder. Allein in Tirol gibt es rund 20.000 Ein-Eltern-Familien, die sich derzeit entscheiden müssen, bei wem das Kind lebt. Die gesetzlichen Rahmenbedingungen in Österreich sehen seit 2012 vor, dass auch nicht verheiratete Mütter und Väter nach einer Trennung die gemeinsame Obsorge für ihr Kind beantragen können. Voraussetzung dafür ist aber, dass sich die Eltern über den Hauptwohnsitz des Kindes einigen. Zu über 90 Prozent haben diese Kinder dann bei den Müttern ihren Lebensmittelpunkt.
Das stößt der österreichischen Väterplattform – formiert aus den Vereinen „Väter ohne Rechte“, Vaterverbot, Kindergefühle, INEV, „Papa gibt Gas“ und der Männerpartei – sauer auf. Eingebracht wurde nun von der Plattform die parlamentarische Bürgerinitiative „Halbe/Halbe“. Gefordert wird darin die „Doppelresidenz“. Erst sie ermöglicht, dass Trennungskinder in zwei Haushalten zu gleichen Teilen aufwachsen dürfen. Für Maximilian Urban, Obmann des Vereins „Väter ohne Rechte“, ist es „unglaublich wichtig, dass ein Kind beide Bezugspersonen hat. Kinder bauen nämlich zu Mutter und Vater unterschiedliche Beziehungen auf.“ Dass sich Österreich „mittelfristig den neuen Lebenswirklichkeiten öffnet“, dafür könnte ein jüngstes Urteil sorgen. Das Landesgericht Wien hat erstmals für ein Kind eine Doppelresidenz angeordnet.
Gestärkt sehen sich die Väter zudem durch eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR), der Deutschland bei der Durchsetzung des Umgangsrechts (Besuchsrecht) als zu lasch rügt. Auch die Tiroler Plattform für Alleinerziehende „begrüßt“ die Möglichkeit einer Doppelresidenz, wie sie in Ländern wie Belgien oder Schweden bereits Realität ist. „Die Diskussion darüber wird auch in Österreich nicht aufzuhalten sein“, sagt Obfrau Gabriele Fischer. Sollte das Gesetz dementsprechend geändert werden, sei im Einzelfall aber zu prüfen, ob die Doppelresidenz das Beste für alle ist. „Ist sie auch zum Wohl des Kindes? Es ist nämlich nicht immer so, dass Kinder mit zwei Wohnsitzen gut umgehen können.“ Zu berücksichtigen wäre laut Fischer auch die finanzielle Situation. „Man darf nicht vergessen, dass eine Doppelresidenz einen erhöhten finanziellen Aufwand bedeutet und man daher schauen muss, wie die Umsetzung tatsächlich erfolgen kann.“ Wichtig ist Fischer zudem, dass „daraus keine Alimentediskussion wird. Es kann nicht sein, dass Väter meinen könnten, ihre Alimente reduzieren sich, wenn das Kind auch bei ihnen lebt.“