Väter ohne Rechte: Wenn das Kind zum Druckmittel wird
Der Verein „Väter ohne Rechte“ setzt sich dafür ein, dass die Obsorge der Kinder nach der Trennung der Eltern gerechter aufgeteilt wird. Ein harter Kampf.
Von Thomas Cik | 03.04 Uhr, 14. Juni 2020
Gut zehn Jahre ist es her, dass Max Urban eines Nachmittags von der Arbeit kam und mit einer polizeilichen Wegweisung konfrontiert wurde. „Ich wusste damals nicht einmal, was das ist.“ Die Erklärung, die er von den Beamten erhielt: Er solle seine Frau geschlagen haben und müsse sich nun 14 Tage von ihr fernhalten.
Für den Techniker, der bis dahin meinte, eine „ganz normale Ehe mit Höhen und Tiefen“ geführt zu haben, begann in der Sekunde ein Kampf, der sich mehr als ein Jahr ziehen sollte. Es ging ihm nicht mehr um die Ehe, „die war nach den falschen Vorwürfen zerrüttet“, es ging ihm um seine Tochter, damals zehn Jahre alt, die er nicht verlieren wollte.
Urbans Fall ist Blaupause für Trennungen in Österreich. Vier von zehn Ehen werden laut Statistik Austria geschieden, vor zehn Jahren waren es fast fünf von zehn – aber nur weil damals noch mehr geheiratet wurde. Inmitten dieser Statistik: der Nachwuchs. Fast jedes zweite Kind in Österreich ist von Trennungen betroffen – und in der Regel bedeutet dies die Trennung vom Vater. Denn, wie der Verein „Väter ohne Rechte“, Urban ist dort Vorstandsmitglied, aufzeigt, wird bei Scheidungen viel häufiger den Müttern die Obsorge zugesprochen. Die gängige Rechtssprechung lässt sich auf diese Formel verdichten: Väter von Kindern unter sechs Jahren bekommen ihre Kinder an einem von 14 Tagen zugesprochen, sind die Kinder älter als sechs Jahre sind es 2 Tage in 14 Tagen, eventuell mit Übernachtung. „Wie soll man in so knapper Zeit eine Beziehung erhalten?“, hinterfragt Urban. Ihm ist das gelungen – auch dank seiner Schwiegereltern, zu denen er immer noch guten Kontakt hat. „Sie haben mir sogar in der Zeit der Wegweisung Treffen mit meiner Tochter ermöglicht.“
Doch die Rechtssprechung entfremdet nicht nur die Kinder von ihren Vätern. Sie ist auch Berechnungsgrundlage für den Kindesunterhalt, der zwischen 16 und 22 Prozent des Netto-Einkommens bemessen wird. Wären die Kinder aber drei von 14 Tagen beim Vater, wären von dieser Unterhaltsbemessung nur mehr 90 Prozent fällig. „Die Kinder so umfassend bei sich zu haben, ist für viele Frauen auch eine wirtschaftliche Erwägung“, wagt Urban eine Aussage, die provoziert – seinerseits aber durch die Vereinsarbeit dokumentiert ist. „70 Prozent der Anfragen, die sich an uns richten, drehen sich ums Geld.“ Denn Kindesunterhalt geht in Österreich vor, bereits am vierten Tag der Fälligkeit kann Gehaltsexekution betrieben werden.
„Im Grunde machen wir etwas unerhört freches“, sagt Urban, „wir fordern für Männer und Frauen Gleichberechtigung ein.“ In seinem Fall hat das seine Tochter selbst durchgesetzt. Vier Jahre nach der Trennung der Eltern stellte sie selbst den Antrag, dass sie die Obsorge zwischen ihren Eltern zu gleichen Teilen geteilt haben will. „Das war dann leider der Zeitpunkt, zu dem sich meine Ex-Frau zusehends aus dem Leben unserer Tochter zurückzog.“
Eine Situation, die Urban für seine Familie nicht wollte – und vor der er auch andere Väter bewahren will. „Kinder werden oft als psychische Waffe missbraucht. Das darf einfach nicht mehr stattfinden.“ Sein Gegenvorschlag: „Selbst bei streitigen Scheidungen muss es um das Kindeswohl gehen. Die Aussage: Wenn du nicht zahlst, siehst du dein Kind überhaupt nicht mehr, ist immer noch eine reale Drohung.“